Mehr als die Hälfte der Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen berichten, dass sie nach der Pandemie einen Anstieg von psychischer Gewalt und Mobbing unter den Schülerinnen und Schülern wahrnehmen. 44 Prozent der Befragten stellen auch eine Zunahme körperlicher Gewalt fest. Diese Erkenntnisse stammen aus einer Umfrage, die die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) kürzlich in Köln vorgestellt hat. Besonders häufig werden psychische Gewaltformen wie Beleidigungen, Beschimpfungen und Mobbing beobachtet. Im Rahmen dieser Umfrage wurde zudem die jährliche Statistik zu gewaltbedingten Schülerunfällen veröffentlicht, die einen Anstieg von rund 11.000 Fällen auf insgesamt 64.897 im Jahr 2023 zeigt. Dennoch bleibt diese Zahl unter dem Niveau von 2019. Dr. Stefan Hussy, Hauptgeschäftsführer der DGUV, betont, dass trotz des positiven Trends bei den Unfallzahlen weiterhin in präventive Maßnahmen investiert werden müsse.
Die gesetzliche Unfallversicherung der Schülerinnen und Schüler umfasst auch gewaltbedingte Unfälle. Laut der Statistik stieg die Zahl gewaltbedingter Unfälle pro 1.000 Versicherte auf 7,5 im Jahr 2023. Dies stellt einen Anstieg im Vergleich zu den Jahren 2020 bis 2022 dar, liegt jedoch weiterhin unter dem Wert von 2019. Schwere Verletzungen sind dabei eher selten: In rund 5.200 Fällen kam es zu Frakturen, und nur in 11 Fällen wurde eine Unfallrente gezahlt. Hussy merkt an, dass dieser Rückgang der Unfallzahlen zwar positiv ist, aber nicht der Anlass sein sollte, sich auf den bisherigen Ergebnissen auszuruhen, da die Zahlen nur einen Teil des Gewaltproblems an Schulen abbilden. Psychische Gewalt und deren Folgen fehlen in dieser Statistik, was die Notwendigkeit unterstreicht, auch die Perspektive der Lehrkräfte einzubeziehen.
Im August 2024 führte das Meinungsforschungsinstitut forsa eine Umfrage unter 1.031 Lehrkräften durch, um ein umfassenderes Bild der Gewaltentwicklung an Schulen nach der Pandemie zu erhalten. Die Ergebnisse der sogenannten „DGUV Barometer Bildungswelt“-Umfrage zeigen, dass etwa 40 Prozent der Lehrkräfte im letzten Schuljahr mindestens einmal pro Woche mit psychischer Gewalt und 30 Prozent mit körperlicher Gewalt konfrontiert wurden. Häufige Formen psychischer Gewalt sind Beleidigungen, Beschimpfungen und Mobbing, die von fast der Hälfte der Lehrkräfte regelmäßig wahrgenommen werden. Körperliche Gewalt äußert sich unter anderem in Schlägen und Tritten, was rund ein Drittel der Lehrkräfte beobachtet. Lehrkräfte an Gymnasien berichten weniger häufig von Gewalt als Kolleginnen und Kollegen anderer Schulformen.
Für die Ursachen dieser Gewalt nehmen 93 Prozent der Lehrkräfte persönliche Faktoren wie Impulsivität und geringe Frustrationstoleranz als Einflussgrößen wahr. Familiäre und gesellschaftliche Faktoren wie problematische Mediennutzung und Gewalt im Elternhaus gelten ebenfalls als bedeutende Ursachen. Als Folge der Pandemie nehmen 56 Prozent der Lehrkräfte einen Anstieg psychischer Gewalt wahr, während 44 Prozent eine Zunahme körperlicher Gewalt beobachten.
Zur Gewaltprävention gaben 84 Prozent der Lehrkräfte an, dass ihre Schule entsprechende Programme implementiert habe. Viele Schulen setzen auf die Zusammenarbeit mit externen Partnern, wie etwa Schulpsychologen und -sozialarbeitern, und über 40 Prozent kooperieren mit der Polizei. Trotz dieser Bemühungen zeigt die Umfrage auch, dass es in vielen Schulen an systematischer Erfassung von Gewaltvorfällen mangelt. Die Lehrkräfte schlagen vor, die Präventionsmaßnahmen und den Umgang mit Gewaltfällen konsequenter zu gestalten und mehr Schulsozialarbeiter einzusetzen.
Annette Michler-Hanneken von der DGUV hebt hervor, dass Schulen bereits viel tun, um Gewalt zu begegnen, aber auch Raum für Verbesserungen besteht. Die DGUV stellt Programme wie „MindMatters“ zur Verfügung, die an vielen Schulen erfolgreich angewendet werden. Ergänzend dazu wird mit der Kampagne #GewaltAngehen auf die Bedeutung der Gewaltprävention hingewiesen. Michler-Hanneken betont, dass eine gesunde Schule frei von Gewalt eine Voraussetzung für gute Bildung ist.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)/ Veröffentlicht am 30.09. 2024
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