Aus Industrie, Haushalten und Agrarbetrieben gelangt teilweise hoch verunreinigtes Abwasser in die Kanalisation. Etwa 10.000 kommunale Kläranlagen reduzieren organische Verunreinigungen, Chemikalien und Nährstoffe im Abwasser, um sicherzustellen, dass gereinigtes Abwasser die Qualität von Oberflächengewässern nicht negativ beeinflusst. Der Klärschlamm, der am Ende des Prozesses entsteht, ist sowohl mit schwer abbaubaren Schadstoffen als auch mit dem wertvollen Nährstoff Phosphor angereichert. Die hohe Schadstoffbelastung des Klärschlamms ist jedoch ein ungelöstes Problem, das auf Versäumnisse in der Stoffpolitik hinweist.
In einer aktuellen Positionierung befasste sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) mit dem Thema und fordert eine echte Chemiewende auch beim Klärschlamm. Der Einsatz nachhaltiger Chemikalien und verstärkter Ressourcenschutz können das Abwasser entlasten und eine ökologische Verwertung von Klärschlamm in der Zukunft ermöglichen. Die Schadstoffbelastung des Klärschlamms ist noch zu hoch, weshalb der BUND fordert, die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm vollständig zu beenden, nicht nur – wie gesetzlich vorgeschrieben – bei großen Kläranlagen.
Antje von Broock, Geschäftsführerin beim BUND, betonte, dass Chemikalien abbaubar sein müssen, um weiträumige, langfristige Umweltbelastungen zu verhindern. Deshalb benötige man eine echte Chemiewende. Insbesondere dürften giftige Fluorchemikalien (PFAS) nicht mit dem Klärschlamm auf die Felder ausgebracht werden. Dies gelte auch für Arzneimittel, die im Abwasser enthalten seien und nicht herausgefiltert werden können. Die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm auf Äckern und Wiesen müsse vollständig verboten werden.
Der BUND lehnt die Praxis, Klärschlamm in Kraftwerken oder Müllverbrennungsanlagen zu verbrennen, ab. Diese Vorgehensweise ist aus Sicht des Umweltverbandes falsch, insbesondere da PFAS bei den üblichen Temperaturen in Verbrennungsanlagen nicht zerstört werden. Zudem gehen durch dieses Verfahren wertvolle Nährstoffe verloren. Phosphor, der von der EU als kritischer Rohstoff eingestuft wurde, ist nur begrenzt verfügbar. Die Rückgewinnung des im Abwasser enthaltenen Phosphors könnte die Importe von mineralischem Phosphat, das häufig mit Cadmium und Uran belastet ist, um mehr als die Hälfte reduzieren.
Antje von Broock erklärte weiter, dass die Überlastung unserer Flüsse und Seen mit Nährstoffen größtenteils aus Einleitungen von Kläranlagen stamme. Deshalb benötige man weitergehende technische Maßnahmen, um Nährstoffe effizient zurückhalten zu können.
Verschiedene, teilweise unausgereifte Verfahren existieren zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm. Kläranlagenbetreiber sind oft überfordert, das für sie geeignete Verfahren auszuwählen. Daher fordert der BUND eine Verlängerung der gesetzlichen Frist um drei Jahre, damit Kläranlagenbetreiber das ökologisch sinnvollste Verfahren auswählen können.
Hintergrund:
In den 1990er Jahren wurde Klärschlamm überwiegend auf Deponien abgelagert, aber auch in großem Umfang landwirtschaftlich verwertet. Die landwirtschaftliche Ausbringung war von Anfang an umstritten, da sie einerseits Nährstoffe zurückführte, andererseits aber Böden mit schädlichen Stoffen belastete. Seit dem Deponieverbot im Jahr 2005 wird Klärschlamm vermehrt verbrannt. Da die Nährstoffe dabei nicht genutzt werden, fordert die Klärschlammverordnung seit 2017 die Phosphorrückgewinnung bei großen Kläranlagen. Mehrere Verfahren stehen zur Auswahl, aber sie sind meist noch nicht großtechnisch erprobt. Die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm kann durch verschiedene Verfahren erfolgen, wie beispielsweise durch Ausfällung, Aufbereitung der Asche aus der Monoverbrennung und integrierte Verfahren. Eine ökologisch sinnvolle Entscheidung erfordert jedoch weitere Erfahrungen und vergleichende Daten.
Basierend auf einer Pressemitteilung von BUND vom 23.11.2023
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