Eine qualifizierte Lehramtsausbildung stellt langfristig einen entscheidenden Faktor im Kampf gegen den zunehmenden Lehrkräftemangel dar. Der hohe Abgang potenzieller Lehrkräfte während der Studienzeit ist aktuell ein großes Problem, das bundesweit zu spüren ist. Insbesondere in den ersten Semestern brechen mehr als 40 Prozent der Studierenden ihr Studium ab oder wechseln das Fach, wobei es gravierende regionale Unterschiede gibt. Aufgrund des dringenden Bedarfs sind Seiteneinsteiger und Quereinsteiger zu einer gängigen Lösung geworden.
Der Mangel an Lehrkräften wird weiterhin ein wachsendes Problem darstellen. Die Kultusministerkonferenz prognostiziert, dass bis 2035 etwa 68.000 Lehrkräfte fehlen könnten. Ein zentraler Bestandteil, um diesen Mangel zu beheben, ist die Verbesserung der Lehrkräftebildung. Dies zeigt sich in der Analyse des Stifterverbandes, die aufzeigt, dass zu viele potenzielle Lehrkräfte während ihres Studiums verloren gehen. Jährlich beginnen rund 47.400 Personen ein Lehramtsstudium, aber nur etwa 28.000 schließen es mit dem Referendariat ab. Fast 41 Prozent der Studierenden wechseln während des Studiums ihre Berufsperspektive. Die regionalen Unterschiede sind hier besonders auffällig. Der Bericht „Der Lehrkräftetrichter“ des Stifterverbandes liefert erstmals eine detaillierte Analyse der Abbrecherquoten im Lehramtsstudium, die sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden.
Der Blick auf die einzelnen Bundesländer verdeutlicht, dass der Schwund der Lehramtsstudierenden besonders im Osten höher ist, jedoch auch im Westen signifikante Zahlen zu verzeichnen sind. In Berlin beträgt die Abbrecherquote im Lehramtsstudium 64 Prozent, was bedeutet, dass zwei von drei Studierenden entweder abbrechen oder in ein anderes Bundesland wechseln. Auch in Nordrhein-Westfalen sind es etwa 50 Prozent. Sieben Bundesländer verzeichnen einen Verlust von mehr als 20 Prozent der Studierenden, wobei Sachsen-Anhalt mit einem Verlust von einem Drittel besonders herausragt. Während der Schwund während des Studiums größtenteils durch Studienabbrüche bedingt ist, wird der Abgang im Referendariat überwiegend durch einen Wechsel in ein anderes Bundesland verursacht. In Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hamburg ist dieser Anteil besonders hoch, mit über 20 Prozent. Bundesweit brechen fünf Prozent der angehenden Lehrkräfte ihr Referendariat ganz ab.
Bettina Jorzik, Programmleiterin im Stifterverband, betont, dass durch die neuen Analysen klar ersichtlich wird, wann und warum potenzielle Lehrkräfte verloren gehen. Dies ermögliche es den Hochschulen, fundierte, datengestützte Entscheidungen zu treffen. Sie hebt hervor, dass eine höhere Ausbildungsqualität und ein besserer Theorie-Praxis-Bezug entscheidend sind, um mehr Menschen für den Lehrberuf zu gewinnen, obwohl diese Maßnahmen langfristige Lösungen erfordern und nicht sofort helfen können, den akuten Lehrkräftemangel zu beheben.
In der Zwischenzeit sind Quereinstiege und Seiteneinstiege weit verbreitet und eine gängige Lösung, um die Lehrkräftelücke zu füllen. Insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt ist der Anteil von Seiteneinsteigern besonders hoch, sodass hier jede dritte Lehrkraftstelle auf diesem Weg besetzt wird. In anderen Bundesländern ist der Bedarf an Quereinsteigern ebenfalls groß, um den Lehrbetrieb aufrechtzuerhalten. Daher sollte der Seiteneinstieg als regulärer, dritter Zugang zum Lehrberuf anerkannt werden, unter der Voraussetzung, dass begleitende Qualifizierungsmaßnahmen und eine Mindestqualifikation vor dem Einsatz an Schulen sowie eine Qualitätskontrolle gewährleistet sind.
Die Analyse der Lehrkräftetrichter gibt wichtige Impulse, um gezielte Maßnahmen in der Lehrkräftebildung zu ergreifen. Es wird empfohlen, den Praxisbezug in der Ausbildung weiter zu verstärken, um Studienabbrüche und Studiengangswechsel aufgrund fehlender Praxisnähe zu reduzieren. Eine bessere Abstimmung zwischen Studium und Referendariat könnte ebenfalls einen positiven Effekt haben. Zudem sind weiterführende Daten nötig, um die genauen Ursachen für das Abbrechen des Studiums zu verstehen und entsprechend Anpassungen vornehmen zu können.
Die vollständige Studie des Stifterverbandes „Der Lehrkräftetrichter – Länderausgabe“ ist auf der Webseite des Stifterverbandes zum Download verfügbar.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft/ Veröffentlicht am 28.11.2024
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