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Wie gut funktioniert unüberwachtes Lernen?

Lernen ohne Anleitung
© ImageFlow /stock.adobe.com

Stellen Sie sich ein Kind vor, das zum ersten Mal Schafe und Ziegen auf einem Bauernhof sieht. Ein Elternteil erklärt, welches Tier welches ist, und nach einigen Erklärungen kann das Kind beide Tiere unterscheiden. Doch was passiert, wenn das Kind nach einigen Wochen ohne diese Unterstützung zurückkehrt? Ist es weiterhin in der Lage, die Unterschiede zwischen Schafen und Ziegen zu erkennen? Die Neurowissenschaftlerin Franziska Bröker hat dies untersucht und sich mit der Frage beschäftigt, wie Menschen und Maschinen ohne externe Anleitung lernen – ähnlich einem Kind, das eigenständig seine Umgebung entdeckt. Sie fand heraus, dass Lernen ohne Hilfe manchmal nützlich sein kann, jedoch auch unter bestimmten Bedingungen zu Missverständnissen führen kann.

Im Bereich des maschinellen Lernens sind Algorithmen in der Lage, umfangreiche Datenmengen zu analysieren und präzise Muster zu erkennen, ohne externes Feedback zu erhalten. Im Gegensatz dazu fällt es Menschen oft schwer, ohne Rückmeldungen zu lernen, da sie dazu neigen, fehlerhafte Annahmen zu verfestigen, wenn ihre Fehler nicht korrigiert werden.

Neurowissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass unüberwachtes Lernen, also Lernen ohne externes Feedback, besonders effektiv ist, wenn die selbst erarbeiteten Annahmen bereits gut an eine Lösung angepasst sind. Bei komplexeren Aufgaben, wie dem Erlernen einer Sprache oder eines Musikinstruments, ist Feedback jedoch unerlässlich, um Fehler zu vermeiden. Es ist also weniger entscheidend, ob Lernen ohne Rückmeldung generell funktioniert, sondern vielmehr, unter welchen Bedingungen es sinnvoll ist. Daher ist es wichtig, die Rahmenbedingungen zu erkennen, in denen selbstständiges Lernen effektiv ist, um bessere Lehrmethoden und Algorithmen zu entwickeln.

Feedback spielt eine entscheidende Rolle beim Erwerb von Fachwissen. Laboruntersuchungen zeigen, dass unüberwachtes Lernen in der Theorie mal funktioniert und mal nicht. Die praktische Umsetzung, insbesondere beim Erwerb fachlicher Expertise, erfordert eine genauere Betrachtung. Ein Beispiel sind Radiologen: In den ersten Ausbildungsjahren erhalten sie umfangreiches Feedback, doch irgendwann sind sie auf sich allein gestellt. Studien legen nahe, dass alleinige Erfahrung oft nicht genügt, um verlässliche Expertise zu entwickeln; häufig zeigt sie eher eine gewisse Seniorität als tatsächliche Kompetenz. Kognitive Verzerrungen, wie der Bestätigungsfehler, können den Lernfortschritt behindern, da wir dazu tendieren, uns auf Informationen zu konzentrieren, die unsere bestehenden Überzeugungen bestätigen, anstatt diese zu hinterfragen. Regelmäßiges Feedback ist daher unerlässlich, um sicherzustellen, dass Lernende auf dem richtigen Weg sind und ihre Fähigkeiten weiterentwickeln.

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Wie im Beispiel der Radiologen beschrieben, wird unüberwachtes Lernen oft durch Selbstverstärkungsmechanismen beeinflusst, bei denen Lernende sich auf ihre eigenen Vorhersagen stützen, anstatt externe Unterstützung zu suchen. Besonders bei der Entwicklung von Fachwissen wird dieses Problem deutlich. Ohne Korrekturschleifen von außen bleiben fehlerhafte Annahmen bestehen und können sich weiter verstärken – unabhängig davon, ob sie korrekt sind oder nicht. Diese Lernfallen entstehen häufig dann, wenn wir aufhören, motiviert nach alternativen Lösungswegen oder Informationen zu suchen, und uns stattdessen auf unsere eigenen, oft fehlerhaften und festgefahrenen Vermutungen verlassen.

Es kommt auf das richtige Gleichgewicht an. Die Forschung zeigt, dass Selbstverstärkung im Zusammenhang mit selbstständigem Lernen ohne Hilfestellung sowohl positive als auch negative Aspekte hat. Während das Prinzip des selbstverstärkenden Lernens helfen kann, Neues zu verstehen, kann es auch dazu führen, dass wir in falsche Überzeugungen verstrickt werden. Unüberwachtes Lernen birgt großes Potenzial, ist jedoch kein Allheilmittel – sein Erfolg hängt stark davon ab, wie gut unsere Kenntnisse, inneren Motivationen, die eigene Lernfähigkeit und die Aufgabenstruktur zusammenpassen.

Zukünftige Studien sollten daher untersuchen, wie Selbstverstärkung durch eigenes Erforschen und Entdecken mit Lernen durch externes Feedback effektiv kombiniert werden kann, insbesondere in realen Lernsituationen. Dies betrifft nicht nur das maschinelle Lernen, sondern vor allem den menschlichen Lernprozess. Auf diese Weise können neue Lehrmethoden entwickelt werden, die das lebenslange Lernen fördern und helfen, falsch erlernte Annahmen zu vermeiden.

Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von idw – Informationsdienst Wissenschaft/ Veröffentlicht am 18.10.2024

Verfasst von Nima

Nima liebt es, mit Ihren zwei Hunden unterwegs zu sein. Sie ist eine begeisterte Kletterin und ist im Sommer wochenlang mit ihrem umgebauten Bus auf Tour. Unterwegs arbeitet sie als Freelancerin.

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